Dis bisherige Diskussion kann ich in dieser Form nicht nachvollziehen. Diejenigen, die sich hier gegen sogenannte "Hilfsscheriffs" aussprechen, nennen als Begründung bisher (oder habe ich etwas überlesen?) nur, dass damit der Datenschutz verletzt wird, Behörden mehr Arbeit haben und es angeblich "Selbstjustiz" sei.
Das Datenschutzargument teile ich in gewisser Weise, dazu weiter unten mehr.
Die Argumente "Arbeit für die Behörden" und "Selbstjustiz" teile ich nicht. Ein Fahrer, der 6 Sekunden nach dem Lichtzeichenwechsel noch das Rotlicht missachtet, hat zu recht Konsequenzen zu erwarten. Ich hätte erstmal* (*unter Vorbehalt, siehe weiter unten) überhaupt nichts dagegen, wenn solche Verstöße (wie auch die meisten anderen Verstöße, für die man den Lappen erstmal einen Monat oder länger abgeben darf) häufiger geahndet werden würden.
Warum sollen Fahrer, die wissen, wo Rotlichtblitzer stehen oder wo regelmäßig Kontrollen stattfinden, besser wegkommen, als welche, die zufällig das "Pech" haben, dass ihr Fehler von der Polizei oder einer stationären Anlage erfasst wird? Ich fände es auch gut, wenn Sascha wirklich krasse Verstöße (Überholen trotz fehlender Sicht, Überholen eines LKW über den Standstreifen, LKW mit 110km/h oder mehr, massives Unterschreiten des Abstands (<1/10 des geforderten Mindestabstands), Abdrängen etc. ohne nennenswerten Mehraufwand (!) anzeigen könnte.
Wenn jeder Verkehrsteilnehmer derartige Verstöße effizient und unparteiisch aufzeichnen und anzeigen könnte, hätte das für die Sicherheit auf den Straßen einen weitaus größeren Effekt als viele (vor allem stationäre) Kontrollen.
Einige Argumente dagegen (die nur bedingt etwas mit Datenschutz zu tun haben) wurden jedoch bisher nicht genannt:
1.: Viele Verstöße können gar nicht Beweis-sicher dokumentiert werden:
Geschwindigkeit: Dafür sind geeichte Geräte notwendig, sowie (wenn es sich nicht um stationäre Blitzer handelt) auch noch das Erfüllen bestimmter Auflagen, z.B. eine Mindestmessstreckenlänge, über die ein Mittelwert gebildet wird. Diese Auflagen kann beinahe nur ein ProVida-Fahrzeug der Polizei erfüllen und niemals ein LKW.
Überholen trotz fehlender Sicht, LKW-überholen über den Standstreifen und Abstandsverletzungen erfordern ebenfalls zumindest eine geeichte Geschwindigkeitsmessung, weil diese Verstöße beispielsweise bei 30km/h in aller Regel fast keine Konsequenzen haben.
2.: Manche Verstöße haben eine Vorgeschichte. Dies bemerkt man z.B. in den Videos, um die es in diesem Thread (klick mich) geht. Im schlimmsten Fall kann jemand eine Handlung provozieren und anschließend nur das Filmmaterial von der Gegenreaktion bei der Polizei einreichen. Oder es könnte jemand eine andere Person stalken und solange verfolgen, bis diese Person zufällig oder sogar unter Druck gesetzt Verkehrsverstöße begeht.
3.: Selbst wenn die Technik immer besser wird: Videomaterial ist manipulierbar. Auf den Rotlichtverstoß übertragen heißt das: Wenn das Video an der entscheidenden Stelle stark verlangsamt wurde, können aus einer Zehntelsekunde schnell 6 Sekunden gemacht werden. Beispiel: Meine Dashcam zeichnet eine sehr wenig befahrene Kreuzung auf. Der Fahrer, der bei Rot über die Ampel fährt, ist außer mir der einzige Verkehrsteilnehmer weit und breit, und mein Fahrzeug steht. Dann kann ich in der Nachbearbeitung das Video im Moment des Umschaltens von Gelb auf Rot das Video um den Faktor 60 verlangsamen. Wenn nach einer Zehntelsekunde der Rotlichtsünder im Bild erscheint (eine Zehntelsekunde lang hat er Rot gesehen), sind in dem manipulierten Video, das in dem Moment schon wieder mit voller Geschwindigkeit läuft, 6 Sekunden vergangen sein. Dies fällt nur dann nicht auf, wenn andere Verkehrsteilnehmer im Bild zu sehen sind, die in den 6 Sekunden "Stillstand" urplötzlich in ihrer kontinuierlichen Bewegung verharren.
Anderes Beispiel: Angenommen, Sascha würde mit 20km/h auf einer kurvigen Landstrasse fahren, um ein "waghalsiges Überholmanöver" zu provozieren, und wird dabei mit rasenden 40km/h (im 70er-Bereich) überholt. Anschließend lässt er das Video mit dreifacher Geschwindigkeit laufen, und es sieht aus, als ob er (60km/h fahrend) von einem PKW mit 120km/h überholt würde. Gleiches wäre bei Abstand denkbar: Ein Video im zäh fließenden Verkehr, Abstand 5 Meter, wird extrem beschleunigt und schon sieht es aus, als würden alle Verkehrsteilnehmer vor einem beim Rasen mit 100km/h nur 5 Meter Abstand halten.
4.: Die in 2. und 3. genannten Umstände könnten Betrüger gezielt nutzen, um
- bei fingierten Unfällen die Schuldfrage in ihrem Sinne zu "klären" oder auch nur
- Verkehrsteilnehmer unter Androhen einer Anzeige zur Zahlung von Geld zu erpressen
Und das ist letztlich mein Grund, warum ich die genannten Datenschutz- und Selbstjustizargumente nicht unkommentiert stehen lassen möchte, aber wenig dagegen habe, dass Videos nach einer Einzelfallprüfung in Ausnahmefällen als Beweismittel anerkannt werden.
Insbesondere bei dem durch zwei Raser verursachten Unfall, die sich innerstädtisch nur wenige Fahrminuten von meiner Wohnung entfernt ein illegales Autorennen mit Unfall (5 Schwerverletzte) geliefert haben, freut es mich, dass zumindest ein Teil dieser Tat durch eine Dashcam eines vorschriftsmäßig fahrenden Verkehrsteilnehmers aufgezeichnet wurde.
Quelle: derWesten (klick mich)
Ich finde, dass Dashcamvideos bei Verkehrsstraftaten, vor allem mit derartigen Folgen, sehr nützlich sein können (wenn man Manipulation o.ä. ausschließen kann).