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letzter Beitrag von Wolfgang b am

Geschichten aus dem Fahrerhaus.

  • Das Ende eines Lkw – oder – vom SK1735 durch die Hölle in den Himmel


    Diese Geschichte aus dem Fahrerhaus gibt’s, wie schon der Titel erahnen lässt, in mehreren Teilen. Für einen Teil wäre es einfach zu lang.
    Mein 1735 hatte als ich ihn beim Firmeneintritt in die Hände bekam etwa 1,4 Millionen Kilometer. Ja, mit dem ersten Motor und dem ersten Getriebe. Insofern war absehbar, das er irgendwann das zeitliche segnen würde. Etwa ein Jahr lang fuhr ich ihn ohne Probleme und ohne außerplanmäßige Werkstattaufenthalte.
    Allerdings fing er dann an manchmal etwas wärmer zu werden, der Kühlwasserstand war jedoch noch im normalen Bereich. Das änderte sich ausgerechnet an dem Wochenende, an dem ich für unsere Pfarreijugend das Material zum alljährlichen Zeltlager fuhr.
    Geplant war eigentlich, das Material am Freitag Vormittag zu laden und direkt im Anschluss auf den Zeltlagerplatz zu fahren. Tja, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, im Lauf den Donnerstags kam noch eine dringende Fahrt für Freitag früh rein. Dummerweise brauchte ich dabei unbedingt die Hebebühne, ging also nur auf der Maschine. Ergo umplanen, Donnerstagmittag den Zeltlagerleiter anrufen, und Bescheid geben, das wir schon Donnerstagabend laden müssen, und das auch noch auf den Anhänger.
    Ich ahnte schon, das dies, speziell bei unserem Fahrtziel, zu Problemen führt, schließlich wollten wir zur Schutterquelle auf der Gemarkung Schutterwald im Schwarzwald.

    Die Anfahrt war nur über Schweighausen (Wegpunkt „C“), möglich. Ab hier ging es dann entlang der von mir eingezeichneten roten Linie auf zunächst noch Asphaltierten Straßen, welche aber grade mal so breit wie der Lkw waren. Etwa der letzte Kilometer war dann allerdings ein Feldweg, so richtig schön mit Grünstreifen in der Mitte...
    Aber bleiben wir in der Reihenfolge. Das spontan vorgezogene Laden am Donnerstagabend klappte, wenn auch mit ein paar Leuten weniger, so konnte ich am späten Freitagvormittag den vorgeladenen Anhänger holen und mich auf den Weg machen. Bis zum Wegpunkt „B“ hatte ich keinerlei Probleme. Zwischen „B“ und „C“ nutzte ich, abweichend vom Bild des Routenplaners die gelb markierte L103, welche nicht ganz so eben ist, wie es hier aussieht. Ausgerechnet hier passierte es, mein Motor lief heiß! Also rechts ran und Warnblinker. Glücklicherweise war ich gerade in einem ganz leichten Gefälle, so konnte ich noch so weit rollen, das die Kabine, und somit auch der Motor, im Schatten standen. Um ein wenig mehr Luft ranzulassen öffnete ich auch gleich die Motorraumklappe (ja, ich weiß, am effektivsten zur Wärmeableitung wäre es gewesen, das Fahrerhaus zu kippen, aber Ende der Woche lag da immer so viel rum... ...auf gut deutsch, ich war zu faul dazu... ;) ). Mit einem leeren Kanister holte ich mir dann erstmal am Bach im Talgrund ein paar Liter Wasser. Mit dem Schutz des Arbeitshandschuhs, ganz vorsichtig und mit abgewendetem Körper, schraubte ich dann den Kühler auf um das Wasser nachzufüllen. Anschliessend wartete ich noch ein wenig, damit sich das Wasser im System von der Temperatur einander angleichen konnte. Und man glaubt es kaum, obwohl ich fast eine Stunde stand, kamen nur zwei Autos vorbei und beide hielten an um zu fragen, ob ich Hilfe brauche!
    Nun gings also, mit etwas Verspätung weiter. Als ich nun in Schweighausen mit meinem 18,50 Meter-Zug von der Landesstraße in Richtung Schutterquelle abbog, erntete ich erstmal zwei ganz entsetzte Gesichter, verbunden mit einem Viehändigen hektischen Wedeln. Ich hielt also an und machte zur besseren Verständigung den Motor aus, die Scheibe war sowieso aufgrund der hohen Temperatur schon ganz unten. Die beiden älteren Damen die mit ihren Hundchen unterwegs waren, fingen nun natürlich gleichzeitig an zu reden, allerdings im tiefsten Schwarzwälderisch, bei dem selbst ich manchmal Probleme habe es zu verstehen... Ich filterte so etwas heraus wie „da können Sie nicht rein, da geht’s nur in den Wald, da kommen Sie nirgends hin“. In mich hineingrinsend antwortete ich, das ich Material für das Zeltlager an der Schutterquelle transportiere. Die beiden erstarrten fast vor Ehrfurcht und meinten nur das ich dann goldrichtig sei.
    Also Lkw wieder an, zweimal kurz zum Gruß auf die Hupe, als Antwort kam ein Bellkonzert der Hunde :D . Ich fuhr also weiter und kam nun schon recht nah an mein Ziel, erst kurz vor dem letzten Bauernhof bevor es auf den Feldweg ging kam eine starke Steigung die ich mit leerer Maschine und beladenem Anhänger einfach nicht schaffte. Ich wußte das ich schlicht und einfach Gewicht auf der Achse brauche um mehr Anpressdruck zu haben und somit mehr Kraft auf die Straße übertragen zu können. Nur, wo sollte ich mitten im Schwarzwald Gewicht hernehmen? Die rettende Idee: zum Aufbau des Zeltlagers waren etwa 15 bis 20, so genau wußte ich das gar nicht, Leute schon oben an der Schutterquelle. Flugs den Lagerleiter angerufen, die knapp 20 Leute in EINEN VW-Bus gepackt und runter zu mir :w00t: . Ich bereitete schon alles vor, auf gut deutsch, ich stellte die Hebebühne waagerecht und zum leichteren erklettern so weit runter wie das mit angekuppeltem Anhänger möglich war. Kaum waren die Leutchen bei mir angekommen erkärte ich erstmal den Plan. Alle auf die Ladefläche der Maschine, dann Hebebühne so weit hoch, das ich wieder fahren kann und trotzdem noch etwas Licht auf die Ladefläche fällt, danach alle so weit wie irgend möglich ins Heck und GANZ WICHTIG: Hinsetzen!
    Als alle platziert waren gings rückwärts die Steigung wieder runter um in der Ebene noch ein klein wenig Schwung zu holen. Und siehe da, der Plan ging auf, wir bewältigten die Steigung unter lauten „Hey, Hey, Hey, Hey, Hey“ Rufen von der Ladefläche. Ich hatte mit meinen Mitfahrern vereinbart, das ich gleich bis zum Lagerplatz durchziehe, also ging weiter und kaum 200 Meter nach dem letzten Hof hieß es auf den Feldweg abbiegen. Etwa auf der Hälfte des Feldwegs ging es dann trotz der „Beiladung“ auch hier nicht mehr weiter, es fehlte einfach an Traktion. Manchmal braucht man einfach auch ein wenig Glück, auf der Wiese nebenan war gerade der Bauer am Mähen, der uns die Wiese an der Schutterquelle für das Zeltlager vermietet hatte. Als der uns da in der Steigung stehen sah kam er sobald er seine Bahn fertig gemäht hatte zu uns rüber. Nachdem ich ihm geschildert hatte woran es hängt grinste er nur und meinte er hätte das schon geahnt, er vermiete die Wiese ja schon länger und genau da wo wir gerade stehen, hätte er schon mindestens zehn andere Lkw unterstützt. Sprachs, ging zu seinem Trekker, kuppelte das Mähwerk ab und holte eine am Waldrand bereitliegende Abschleppstange ^^ . Die letzten etwa 400 Meter gings also mit Treckerunterstützung auf den Lagerplatz.
    Nun kennt ihr also den ersten Teil meines Abschieds vom SK1735. Wer genauer nachschauen will wo ich da genau war und welche Route ich gefahren bin, die Schutterquelle ist witzigerweise in den Routenplanern hinterlegt und die Straße von Schweighausen Richtung Schutterquelle nennt sich „Loh“. Auch den Feldweg erkennt man bei entsprechender Zoomstufe recht gut.
    Im nächsten Teil fahr ich dann vom Schwarzwald in den Spreewald.
    Ich hatte auch mal ein schönes Bild von meinem Lkw das genau auf dieser Wiese entstand, seit unserem letzten Umzug vermisse ich das allerdings. Falls ich es noch finde liefere ich nach. ;)

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  • Der zweite Teil meines Abschiedes vom SK1735 beginnt mit der Rückfahrt vom Zeltlagerplatz nach Ettlingen am Samstag Nachmittag. Hier nahm ich den Lagerleiter (der sich gleich mal auf meiner Tachoscheibe verewigen durfte um meine Wochenendruhezeit zu sichern ;) ) mit, da dieser am Sonntag mitsamt der Zeltlagerteilnehmer im Bus mitfahren wollte.
    Der Bus fuhr natürlich nicht bis auf die Wiese hoch, die Kiddies durften als Begrüßung ihre für die zwei Wochen viel zu große und zu schwere Tasche schön den Feldweg entlang zur Schutterquelle hochschleppen oder schleifen oder was auch immer... :D
    Ich selbst machte mich auch am Sonntag Nachmittag wieder auf die Socken. 14 Uhr war Abfahrt. Nun spüre ich schon regelrecht eure Frage "Und das Sonntagsfahrverbot?"
    Tja, das Sonntagsfahrverbot galt für mich in diesem Fall nicht, da die Fahrt um 14 Uhr zwar eine Leerfahrt war, aber in direktem Zusammenhang mit dem Transport von verderblichen Lebensmitteln stand. Die Fahrt ging in ein kleines Dörfchen etwas nördlich von Worms wo ich bei einem Großbauern frische Gurken lud. Die Bezeichnung Großbauer hinderte ihn allerdings nicht daran eine so enge Hofeinfahrt an einer so schmalen Straße zu haben, das an ein Rückwärts hineinstoßen nicht zu denken war. Zu diesem Zweck nahm der Bauer den Anhänger auf die Nase seines Treckers und schob ihn rückwärts auf seinen Hof. Nach der Beladung gings in gleicher Form wieder raus auf die Straße.
    Bis ich dann hier weiterfuhr war es meist zwischen 17 und 18 Uhr. Die Fahrt ging dann über die B9 nach Mainz von wo ich mich über die A60 und A67 zum Frankfurter Flughafen und somit die A3 durchschlug. Nun gings durch den Spessart bis Würzburg, ein Stückchen die A7 hoch um bei Schweinfurt auf die A70 zu wechseln. Weiter ging es ab Bayreuth wieder ein paar Kilometer Richtung Norden auf der A9 um bei Hof auf die A72 durchs Vogtland nach Chemnitz überzuwechseln. Die Schlußetappe führte dann über die A4 bis Dresden und weiter über die A13 zu meinem Ziel: Lübben im Spreewald. Ich fuhr also keine Eulen nach Athen, aber immerhin die Pfälzer Gurken in den Spreewald wo sie zu Spreewaldgurken mutierten. :)


    Diesen Auftrag hatten wir jedes Jahr und ich hatte zwei Jahre nacheinander die "Ehre" ihn zu fahren. Also hatte ich 24 Fahrten in zwei Jahren die Sonntags um 14 Uhr begannen. Das ganze mit einem handelsüblichen Plane/Spriegel Gliederzug an dem es keinerlei Hinweis darauf gab, was ich transportiere. Trotzdem wurde ich nicht ein einziges mal angehalten um zu überprüfen ob ich überhaupt berechtigt war Sonntags zu fahren. Das hat mich ehrlichgesagt schon ein wenig nachdenklich gemacht.


    Wer sich nun geographisch ein wenig auskennt hat aus meiner Wegbeschreibung schon herausgelesen, das ich auf dieser Fahrt relativ wenig Ebene hatte. Eigentlich nur der Anfang bis Frankfurt, dann so einigermaßen zwischen Würzburg und Bayreuth und die Schlußetappe ab Dresden. Zunächst also der Spessart, dann das Vogtland und zwischen Chemnitz und Dresden ragen auch ein paar Ausläufer des Erzgebirges bis über die A4 hinaus so das diese auch recht wellig ist.


    Am Anfang lief auch alles ganz normal, je näher ich allerdings an Würzburg herankam dachte ich mir immer mehr, das der Lkw irgendwie nicht so richtig zieht wie sonst. Auf dem eher ebenen Abschnitt bis Bayreuth war dann natürlich nichts festzustellen. Richtig lustig wurde es dann ab Plauen/Vogtland. Ab hier kam zu dem Leistungsabfall noch ein deutliches Schütteln des Motors. Laut meiner Instrumente war zwar sowohl Motortemperatur als auch Öldruck vollkommen normal, aber irgendwas musste ja nicht stimmen. Ich bin dann zwar am nächsten Parkplatz abgefahren und hab mal mit der Taschenlampe in den Motor geleuchtet, dort war aber für einen Nichtmechaniker genausoviel festzustellen wie über die Instrumente im Cockpit, nämlich nix.
    Was machste nun also wenn du verderbliche Lebensmittel ohne Kühlung drauf hast (Normal gehören frische Gurken auf dem Transport gekühlt, bis 24 Stunden gehts aber auch ohne und da die Kühler alle mehr Kohle für die Fahrt wollten...) und einen Abladetermin am Montag früh um 6 Uhr im Nacken? Mit Sicherheit fängst du nicht an zu telefonieren um einen Lkw-Pannendienst zu organisieren, das dauert nämlich viel zu lang. Im Endeffekt gibts nur eine Alternative, Motorraumklappe zu, Hühner satteln und weiter über die Vogtlandachterbahn. An sich fuhr mein Lkw auch einwandfrei, nur spielte er an jeder Steigung Goldesel: Ich rüttel mich, ich schüttel mich... (Leider kamen hinten keine Goldmünzen raus... :D )
    Der langen Rede kurzer Sinn, mein Lkw hielt durch, es war zwar an jeder kleinen Steigung eine Qual, man merkte regelrecht, das der Motor nicht mehr auf allen Zylindern lief, aber er lief! Und brachte mich mitsamt der Ladung noch bis nach Lübben wo ich pünktlich abladen konnte. Normalerweise bekam ich hier nach dem abladen nur die zusammenklappbaren Gurkenkisten auf einigen Europaletten mit zurück, ausgerechnet diesmal hies es allerdings ich müsse eine Ladung Gurken mit zurück nach Karlsruhe nehmen.
    Ablehnen wollte ich diese Ladung natürlich nicht, sonst hätte ja der Kunde mitbekommen, das mit meinem Lkw etwas nicht stimmt, und dies sind nun wirklich Dinge, die der Kunde besser nicht erfährt...


    Wie die "wilde Fahrt" weitergeht erfahrt ihr ab nächsten Samstag im dritten Teil meines Abschieds vom SK 1735. :)

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  • Nachdem ich nun also meine rohen Gurken gegen Eingelegte im Glas getauscht hatte, war es Montag früh kurz nach 8 Uhr. Ich konnte meinen Disponenten also zum Wochenbeginn gleich standesgemäß begrüßen. :D
    Hirnlos wie manche Disponenten numal sind, fragte er erstmal: "Ja, aber laufen tut er doch noch, oder?" Daraufhin erwiderte ich: "Klar läuft er noch, aber immer wenn er Leistung braucht läuft er nicht mehr auf allen Zylindern. Daher glaube ich kaum, das der Motor ohne etwas dran zu machen bis Karlsruhe überlebt, zumal ich 20 Tonnen Gurken drauf hab. Könnte ich nicht nach Leipzig rüber in unsere Vertragswerkstatt? Da könnten wir im Notfall dann ja auch umladen." - "NEIN - Du kommst nach Karlsruhe." Nachdem er also auf stur schaltete dachte ich mir, das kann ich auch und sagte ihm, das ich dann erstmal Schichtpause mache und dafür auch das Telefon abschalte.
    Gesagt getan, Telefon aus und ab auf den Rasthof Rüblingsheide auf der A13. Dieser hatte zwar den Vorteil Lkw-Stellplätze zu haben, bei denen das Fahrerhaus von der Fahrbahn abgewandt war, gleichzeitig hatte er aber auch den Nachteil, das um die Lkw-Plätze herum kaum Bäume standen und die paar die es gab waren zum Schattenspenden noch viel zu jung. Der zweite Nachteil war ebenso nur für Tagschläfer interessant. Dadurch, das dieser Rasthof an der Fahrbahn in Ostrichtung liegt, sind die von der Fahrbahn abgewandten Parkplätze so, das man mit der Kabine in Südrichtung steht. Wir erinnern uns, Gurken wachsen als Nachtschattengewächse am besten im Hochsommer, noch dazu war dies ein Sommer mit äußerst wenig Bewölkung geschweige den Regen. Man stand also den kompletten Tag in der prallen Sonne. An Schlafen mit geschlossenen Scheiben war überhaupt nicht zu denken, da wärste nach einer Stunde gar gewesen. Auch das öffnen der Scheiben bei geschlossenen Vorhängen brachte nur eine kleine Verbesserung, dafür ein wesentlich erhöhtes Risiko ungewollten Besuch zu bekommen. An mehr als 15 bis 20 Minuten Schlaf am Stück war an diesen Tagen nicht zu denken. Also schaltete ich bereits um 16 Uhr meine Telefon wieder an und war total erstaunt, das ich noch keinen Anruf erhalten hatte.
    Unter diesen gesamten Umständen entschloss ich mich, die Ruhezeit auf 10 Stunden zu verkürzen und um 18.30 weiterzufahren, wie von meinem Disponenten angeordnet fuhr ich also in Richtung Karlsruhe. Zum Glück war ich noch kurz vor Dresden als mein Telefon klingelte. Überrascht stellte ich fest, das es unsere Leipziger Firmennummer mit der Durchwahl 01 am Ende war - Hui, der Oberboss (Firmeninhaber) höchstpersönlich! Ohne Umschweife kam er zur Sache und fragte mich wo ich im Moment sei und das wir mit Sicherheit nicht die Harakiriaktion machen mit diesem Waidwunden Auto durch die Nacht nach Karlsruhe zu fahren. Als neues Fahrtziel nannte er mir unsere Vertragswerkstatt in Leipzig, direkt an der Anschlußstelle Leipzig-Nordost. Weiter meinte er, das die bis 22 Uhr da seien und schon Bescheid wissen das ich komme. Ebenso war für mich ein Zimmer in einem einfachen Leipziger Hotel gebucht, einen Taxigutschein sollte es von der Werkstatt geben.
    Na das war doch mal eine Ansage, ich also am Dreieck Nossen nach Leipzig abgebogen und quasi auf der letzten Rille auf den Werkstatthof gekommen, inzwischen lief der Motor nämlich auch in der Ebene nicht mehr auf allen Töpfen. Weil ich schon was ahnte, war ich richtig froh nicht allzu viel dabeizuhaben, ich wäre ja auch wenn es normal gelaufen wäre zumindest Dienstag kurz daheim vorbeigekommen. Ich packte also und nahm gleich alle persönlichen Dinge mit aus der Kabine. Taxigutschein war kein Problem und das "Einfache" Hotel stellte sich immerhin als 3-Sternehotel heraus. Es war zwar eine Minibar vorhanden, das Zeug aus dieser war aber damals schon genauso überteuert wie heute, also lies ich meine Finger von dieser weg.
    Den Dienstag verbrachte ich dann immer schön in Hotelnähe, ich mußte ja jederzeit mit einem Anruf rechnen, das ich, in welcher Form auch immer, gebraucht wurde. Der Anruf kam dann erst gegen Abend, ich solle am Mittwoch gegen 12 Uhr wieder bei der Werkstatt sein, mehr wußte der Disponent der mich anrief auch nicht. Nun gut, ich bestellte mir also das Taxi auf 11 Uhr, und erfuhr an der Werkstatt angekommen, das mein guter alter SK unserem schönen Deutschland den Rücken kehren würde. Sein deutsches Todesurteil war ein kapitaler Motorschaden, also Wasser im Öl und dafür als Ausgleich Öl im Wasser. Ganze 100 Meter durfte ich ihn aber noch fahren um in einem Eck des Parkplatzes die Gurkenpaletten über die Hebebühne in den Lkw eines Leipziger Kollegen umzuladen. Anschliessend trat mein guter alter SK auf einem Transporter den weiten Weg nach Weißrussland an, wo sein neuer Besitzer auf ihn wartete. Die Werkstattmitarbeiter meinten nur, das er dort dann garantiert auch nochmal 1,5 Mio. Km rollt bevor er endgültig das zeitliche segnet.
    Meinen Anhänger nahm der Kollege mit, der auch die Paletten meiner Maschine übernommen hatte, auf mich selbst wartete dagegen eine mittelgroße Überraschung. Am Spätnachmittag bekam ich ein niegelnagelneues Leasingfahrzeug, einen Actros 2543. Die Freude über dieses tolle Fahrzeug währte bei mir allerdings nur etwa eine Stunde, dann war ich nämlich in unserer Firma angekommen und erfuhr, das dieser Lkw keineswegs für die Karlsruher Filliale gedacht war, sondern in Leipzig bleiben sollte. Trotzdem durfte ich, mangels anderer Möglichkeiten immerhin noch eine Nacht drin schlafen.
    Am nächsten Morgen, inzwischen war Donnerstag, luden wir dann meinen Lkw, ähm Nein, sagen wir lieber, das Fortbewegungsmittel das ich nach Karlsruhe mitnehmen sollte, mit einigen Paletten der Gurken die ich in Lübben geladen hatte, alle wären beim besten Willen nicht gegangen, die übrig gebliebenen Paletten brachte dann ein Kollege als Beiladung mit. Von nun an hatte ich die zweifelhafte Ehre, eine Orangefarbene Gurke fortzubewegen, nämlich einen 1117 mit Tandemanhänger. :sick::sick::sick:
    Schon nach der ersten "Fahrt" nach Karlsruhe sagte ich meinem Disponent, das ich das nicht lange mitmache. Entweder ein gescheiter Lkw her, oder ich bin weg.


    Tja, ein wenig musste ich die Möhre dann doch ertragen, dazu aber nächste Woche mehr.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 4 Mal editiert, zuletzt von Wolfgang b () aus folgendem Grund: Hoffentlich hab ich jetzt im vieten Anlauf endlich alle Tippselfehler ausgemerzt... :)

  • Tja, da stand es nun mein Problem, mitten auf dem Speditionshof in Karlsruhe, es war Orange, ziemlich klein, ziemlich leicht, hatte keine Schlafkabine sonden ein Standard-Nahverkehrshaus und, zu guter Letzt, Leipziger Kennzeichen.
    Auch diese Kombination war in den nächsten vier oder fünf Wochen (so ganz genau weiß ich das gar nicht mehr) ein Problem. Denn bei Fernverkehrs-Lkw ist das ja ganz normal in Karlsruhe und Umgebung mit Leipziger Kennzeichen rumzufahren, mit einem reinen Nahverkehrs-Lkw jedoch... ...jedenfalls wurde ich fast jedes Mal, wenn eine Streife der Autobahnpolizei an mir vorbeifuhr herausgewunken.
    Es war natürlich auch für meinen Disponent nicht einfach in dieser Zeit, hatten wir doch seit über einem Jahr daran gearbeitet einen kleinen Fernverkehrskundenkreis aufzubauen und nun, als das Ganze ein wenig ins rollen kam, hatten wir keinen adäquaten Lkw. Ehrlichgesagt weiß ich nicht, wie viele Aufträge die eigentlich für mich gedacht waren von meinem Disponent über den Frachtmarkt wieder verhökert wurden.
    Solang der 1117 auch Nahverkehrsgerecht eingesetzt wurde, war es ja nicht mal so schlimm ihn zu fahren. Gut, man hätte auf ihm zwar die Lkw-Fahrprüfung ablegen dürfen, das allerdings sah ich sehr zwiespältig, war er im Endeffekt ja nichts anderes wie ein 7,49 Tonner der durch den Einbau von stärkeren Federn ein zulässiges Gesamtgewicht von 11 Tonnen erreichte. Er hatte das, für diese Klasse übliche, 6 Gang Getriebe, das kleine Nahverkehrsfahrerhaus und auch sonst hatte er mit einem "Lkw" recht wenig gemeinsam. Das grauslichste an diesem Gefährt war jedoch wirklich der Tandemachsanhänger. Für den Fernverkehr mag das ja noch eine recht gute Idee sein, der Lkw ist dadurch so leicht zu manövrieren wie ein Sattelzug, hat aber im Winter nicht die Traktionsprobleme des Sattelzuges. Noch dazu liegt der Tandemachser, gerade auch bei Spurrinnen, wesentlich ruhiger als ein Drehschemelanhänger. Aber im Nahverkehr? Sorry, davon profitiert lediglich der Bizeps rechts, vom vielen Stütze hoch- und runterkurbeln. Da bekommste einseitige Muskeln, sieht dann auch wieder doof aus. :)
    Da gab es einen Tag, da war ich mal wirklich nur für Nahverkehr eingeplant. 10 Abladestellen und alle im Landkreis Karlsruhe. Jedoch 9 der 10 nur mit Hebebühne abzuladen. Mein Disponent war einigermaßen geschockt, als ich ihm verkündete, das ich erstmal nur die Ware für die ersten vier Abladestellen mitnehme. Nachdem ich mit meiner Methode ohne Anhänger und dafür in drei Touren zu fahren dann jedoch schon um 14.30 alle Abladestellen abgearbeitet hatte war er doch ein wenig erstaunt. Eigentlich war dies mit ein wenig nachdenken logisch, ersparte ich mir mit meiner Methode der drei Touren doch Zwölf Mal ab- und wieder ankuppeln und zwei Mal wackliges umladen mit vorherigem rückwärts an den Anhänger stossen.
    Allerdings mußte mein Disponent in dieser Zeit noch mehr lernen. Er wollte mich nämlich mit dieser Möhre auch unbedingt zu manchen Fernverkehrskunden schicken, deren Ladegut vom Gewicht her einigermaßen für den 1117 und seinem Tandemanhänger paßte. Von Anfang an sagte ich ihm, das dies nicht gutgehen wird, was dann im Endeffekt auch so kam wie von mir prophezeit. Denn im Fernverkehrsbereich ist es nunmal so, das häufig mit Gabelstapler geladen wird, und das nicht unbedingt über die Seite sondern häufig indem der Stapler von hinten über eine Rampe in den Lkw hineinfährt. Nun war der Boden im 1117 jedoch genau dafür zu schwach auf der Brust, ein mutiger Staplerfahrer hat es einmal probiert und meinte danach nur, das er das garantiert nicht wiederholen wird. Es war auch wirklich nichts für schwache Nerven, der ganze Boden knackste und knarrte und auch ich hatte ein wenig Bedenken, nicht das er mir durch den Boden bricht...
    Jedenfalls verloren wir in dieser Zeit doch ein paar unserer mühevoll aufgebauten Fernverkehrskunden. Unter anderem brachten diese das sicherlich richtige Argument: "Wenn ihr mit dem Auto bei unserem Kunden als Direktverkehr auf den Hof fahrt, meint unser Kunde doch wir sparen am Transport." Hier wäre der Weiterverkauf der Fahrt sicher die bessere Lösung gewesen.
    Selbst bei dem Mann der die Früchte vom Feld ins Glas bringt (um den Firmennamen rauszubekommen bitte um die Ecke denken und mit Gurken kombinieren ;) ) stand es auf der Kippe, und dies wäre ein herber Schlag gewesen, hatte ich doch von diesem Auftraggeber mindestens ein bis drei Fahrten pro Woche.
    Ein weiterer Kunde der kurz vorm abspringen war hatte seine Ladestelle in Straßburg und stellte Dachpappe her. Von diesem kam die eindeutige Ansage: "Wenn die Karre noch einmal bei mir auf den Hof rollt, seit ihr die längste Zeit für uns gefahren!" Es war aber auch grausam, schließlich war dies eine der Ladestellen, bei denen normal mit Stapler von hinten geladen wurde. Noch dazu konnten von der Dachpappe aus Gewichtsgründen auf der Maschine maximal fünf Paletten transportiert werden, wobei diese, um nicht zuviel Gewicht auf der Vorderachse zu haben hintereinander mittig auf der Ladefläche hätten stehen müssen. Dann allerdings eine Ladungssicherung durchzuführen wäre fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.
    Trotzdem hatte ich in dieser Zeit eine Fahrt von dieser Firma auf eine Baustelle bei Augsburg. Ich ahnte schon, das dies mehr oder weniger nur ein Fiasko werden würde. Mit 170 Ps und knapp 25 Tonnen die steigungsreiche A8 von Karlsruhe bis Ulm, man kann sich angenehmere Arten Vorstellen sich die Arbeitszeit zu vertreiben.
    Meine Vorahnungen bestätigten sich quasi schon direkt am Dreieck Karlsruhe. Schon hier hatte ich Glück, das von Norden her gerade nicht allzu viel Verkehr kam, denn obwohl ich mit komplettem Schwung durchs Dreieck fuhr, kam ich an der Stelle, an der ich die von Frankfurt her kommenden Fahrspuren kreuzen mußte mit gerade noch knapp 60 km/h an. Bei jedem Herunterschalten schickte ich ein Stoßgebet gen Himmel das die Anschlußdrehzahl trotz des Geschwindigkeitsabfalls in der antriebslosen Zeit noch paßte. Im Endeffekt landete ich im zweiten Gang bei besserer Schrittgeschwindigkeit. Das hieß für meine weitere Fahrt nach Augsburg, das ich praktisch bei fast jeder Steigung mit eingeschaltetem Warnblinker auf der Standspur zu finden war. Das blöde war natürlich, das die A8 damals noch nicht so pistenmäßig ausgebaut war wie heute, so war beispielsweise der Abschnitt zwischen Pforzheim Ost und Heimsheim einer der schlimmsten. Die jetzt existierenden Ausfahrten zwischendrin gab es ebenfalls noch nicht, dafür war die Strecke, bis auf die Steigung direkt nach der Ausfahrt Pforzheim Ost, zweispurig ohne Standspur. An diesem Tag war ich richtig froh keinen CB-Funk im Auto zu haben, ich wollte nämlich wirklich nicht wissen, wie viele nicht ganz jugendfreie Ausdrücke in diversen Sprachen ich mir an diesem Tag hätte anhören müssen.
    Dies war sicherlich einer der Gründe, warum ich diese Gurke dann wieder loswurde, davon aber nächste Woche mehr.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Wolfgang b ()

  • Nun im letzten Teil meines Wegs vom SK1735 durch die "orange" Hölle in den Himmel, werd ich nun den 1117 mit seinem ungeliebten Tandemanhänger wieder los, und das kam so.
    Eines Morgens, ich wollte eigentlich nur schnell vor dem Laden meine Papiere holen, meinte mein Disponent zu mir: "Deine Albi-Südpfalz-Tour hab ich an Jose verkauft (Kollege mit 7,5 Tonner, die arme Sau mußte drei mal fahren um das alles zu schaffen). Für Dich hab ich ´ne gute und ´ne schlechte Nachricht." Darauf ich: "Komm, mach hinne, ich hab keine Lust auf Spielchen und Gelaber heut..." - Er kuckte leicht irritiert und sagte: "Also, Du wirst noch diese Woche den 1117 los, die Sache hat nur einen kleinen Haken, Du hast noch eine Fernfahrt mit ihm vor Dir." Nu ich wieder: "Sag mal, red ich Suaheli oder so? Mach voran, wo und was soll ich laden und wo soll der Rotz hin?" - "Man hast Du es heut eilig, na dann, Du fährst nach Rastatt zum Daimler, die werden zwar geschockt sein weil die mit einem Kleintransporter rechnen, sind nämlich nur 5 Getriebe. Die fährst nach Berlin und dann leer nach Leipzig und stellst denen Dein Schmuckstück wieder auf den Hof." Ich darauf grinsend: "Was? Ich darf die Möhre nicht abfackeln? Schade, davon hab ich die letzten Wochen immer wieder geträumt. Und was gibts als Ersatz?" - Kann ich Dir nicht genau sagen, aber es wird auf jeden Fall ein 40-Tonner."


    Auch wenn dies bedeutete, das ich nochmal eine Nacht sitzend in der Nahverkehrskabine schlafen mußte, war dies meine schönste Tour mit dem 1117, schließlich war absehbar, das ich diese Fehlkonstruktion loswerden würde.
    In Rastatt kam es wie vorausgesehen, der Staplerfahrer lachte sich erstmal ´nen Ast, Obwohl Daimler-Mitarbeiter meinte er: "Also die Karre ist ja wohl ein Kündigungsgrund!". Die Getriebe stellte er mir dann elegant mit einem Hub auf den Anhänger, wogen ja so gut wie nix die Dinger. Also war innerhalb von fünf Minuten geladen, der Pförtner meinte auch nur: "Da hat sich ja das aufmachen nich gelohnt für das bisschen." :) Eine angenehme Überraschung war dann noch, das ich nicht nach Berlin rein mußte, sondern nur zu einem Logistikzentrum direkt am südlichen Berliner Ring in Ludwigsfelde. Unterwegs ereignete sich nichts großartig berichtenswertes, je näher ich Leipzig kam, desto höher war die Chance NICHT kontrolliert zu werden. Es lief eigentlich sogar verdächtig gut, ich kam nach Neuneinhalb Stunden Lenkzeit in Ludwigsfelde an und erwischte dort auch einen richtig netten Staplerfahrer. Als der nämlich meine Papiere sah und ich ihn wegen Parkmöglichkeiten in der Nähe gefragt hatte meinte er nur: "Wie? Du willst in der Kabine pennen? Wie soll denn das gehen? Wart mal, ich frag mal unseren Schichtleiter, eventuell kannst Dich in unserem Ruheraum auf ne Liege knallen.". Genau das wurde mir dann auch erlaubt, und ganz ehrlich, ich bin dem Staplerfahrer heute noch dankbar für dieses Angebot. Die Liege war zwar nicht superbequem, aber um Welten besser als in der beengten Kabine zu schlafen.
    Einigermaßen gut ausgeschlafen machte ich mich am nächsten Morgen auf den Weg nach Leipzig.


    Als ich dort auf den Hof fuhr staunte ich nicht schlecht. Stand doch ausser ein wenig Nahverkehr der noch am Laden war, nur noch ein Lkw da.


    Ein, noch recht neu aussehender, gepflegter MAN F2000 mit satten 430 PS und zwei ebenfalls recht neuen Gardinenplanenbrücken, Darmstädter Kennzeichen und der Beschriftung Truck Center Hauser!



    Obwohl ich den Lkw erstmal nur von außen begutachten konnte, war mir klar, das hier ein sehr ordentliches Arbeitsgerät vor mir stand. Bei näherem Hinschauen entdeckte ich auch die Unterfalthebebühne, eine sehr feine Sache wenn man häufig per Stapler oder an der Rampe be- und entladen wird. Die nächste Überraschung wartete in der Dispo, ich übernahm den Lkw nämlich komplett beladen mit einer Komplettladung Gußteile nach Loßburg bei Freudenstadt. Also durfte ich mein neues Arbeitsgerät gleich richtig kennenlernen.
    Im Gegensatz zu allem, was ich bisher gefahren hatte, war dieser Lkw wirklich richtig komfortabel. Abgesehen von den für damalige Zeiten recht üppigen 430 PS, die heute mehr oder weniger Standard sind, hatte dieser Lkw eine Klimaanlage, einen Kühlschrank, einen Tempomat, einen Retarder und, als Krönung, konnte man Tempomat und Retarder zu einer Art Bremstempomat kombinieren. Dies funktionierte so, das man zunächst den Tempomat einstellte (bei mir war er meist auf 84 km/h). Im nächsten Gefälle schaltete man den Retarder auf die gewünschte Stufe und drückte ein Knöpfchen. Nun konnte man den Retarderhebel wieder in Nullstellung bringen. Ab diesem Moment hielt der Lkw mit dem Tempomat die 84 km/h, nahm die Leistung weg sobald diese Geschwindigkeit überschritten wurde und schaltete bei 87 km/h (also immer 3 km/h über der eingestellten Tempomatgeschwindigkeit) die Retarderstufen bis zur maximal voreingestellten Stufe durch um möglichst die 87 km/h zu halten. In 90 % aller Fälle konnte ich so selbst voll beladen Gefälle befahren ohne die "normale" Bremse auch nur zu berühren.
    Auch sehr angenehm war der gut isolierte Flaschenhalter in der Fahrertür, eine hier abgestellte Flasche hielt die Temperatur wirklich recht stabil, also mußte ich nicht umständlich wegen jedem Schluck Wasser den Kühlschrank aufmachen. Leider durfte ich dieses tolle Auto nur etwa ein halbes Jahr behalten bis dem Chef Miete/Leasing zu teuer wurde und ich ihn bei TCH zurückgeben mußte. Dieser Tag war dann im übrigen der einzige, an dem ich als Lkw-Fahrer beruflich Zug fahren durfte. :)


    Und nun kennt ihr die gesamte Geschichte vom SK1735 bis zum MAN F2000. Ich hoffe es hat gefallen. :)

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  • Heute gehen wir in den Geschichten aus dem Fahrerhaus mal ganz weit zurück, viele von Euch waren damals noch nicht mal geboren. ;)
    Wir beamen uns in meine "Kamikazefahrerzeit" in den Jahren 1991/92. Damals fuhr ich im Nachtexpress Bücher und Autoersatzteile von Ettlingen ins Allgäu, und das Nacht für Nacht. Um etwa 22 Uhr übernahm ich einen vollgetankten (70 Liter) und mit vollem 20 Liter Ersatzkanister bestückten Fiat Ducato oder, wenn ich Glück hatte, Fiat Ducato Turbo. Es ging dann zu unserem "Lager" was einfach eine kleine Halle war um die herum die verschiedenen Touren mit ihren Transportern standen und einluden.
    Normal war es so, das um diese Uhrzeit die Autoersatzteile und die erste Bücherlieferung schon da waren und wir schon beginnen konnten zu sortieren und zu laden. Man mußte jedoch für jede Buchhandlung noch Platz lassen für die aktuellen Bestellungen die uns als letztes gebracht wurden, die aber auf jeden Fall bis zum nächsten Tag ausgeliefert sein mussten.
    Wenn es gut lief kamen diese etwa um 23.30 Uhr, es konnte aber auch mal 1 Uhr werden. Üblicherweise fuhr ich also zwischen Mitternacht und 1.30 Uhr los. Zunächst über die A8, die damals den Namen "Achterbahn" noch verdient hatte, bis Ulm West (ca. 150 km) was durch Ausnutzung aller Pferdchen des Ducatos nach 90 Minuten erreicht war (ohne Nebel oder Regen). Der erste Kunde war dann in Laupheim, dies war ein Ersatzteilkunde, von dort gings nach Biberach/Riß zur ersten Buchhandlung. War man nun einigermaßen pünktlich dran ging die Tour weiter über Memmingen (1 Ersatzteilkunde), Kempten (5 Buchhandlungen), Sonthofen (2 Buchhandlungen) nach Isny (1 Buchhandlung).
    Diese insgemant Elf Abladestellen hatte man fest in jeder Nacht, weitere für Autoersatzteile konnten jedoch jederzeit dazukommen. So kam ich z.B. mehrmals nach Oberstdorf, nach Oberstaufen und einmal auch nach Bad Hindelang Oberjoch (ca. 200 Einwohner) zum Grenzwieslift, da hier eine Pkw-Windschutzscheibe auszuliefern war.
    Hatte ich die Tour in Isny beendet steuerte ich die nächste Telefonzelle an um die Frau meines Chefs anzurufen. Manchmal mußte ich nämlich nach der Tour von Isny aus leer nach Ravensburg zum Ravensburger Verlag und dort, je nach Gewicht, zwei bis drei (mehr passten dann auch Platzmäßig nicht) Europaletten Bücher oder Spiele mitzunehmen.
    In heutiger Zeit wäre allein das schon unmöglich, die Paletten waren nämlich lediglich gut foliert, mir ist also nie etwas umgekippt davon, wurden aber einfach ungesichert in den Laderaum gestellt. Damals war für die Polizei Ladung nämlich dann sicher verstaut, sobald sie nicht nach draussen konnte, was sie innerhalb des Fahrzeugs machte war allein Problem des Fahrers. Die ganze Diskussion um Ladungssicherung und deren Kontrolle begann dann erst Ende der 1990er Jahre.
    Als ich mal wieder nach Ravensburg beordert wurde um dort noch drei Paletten zu laden, sagte ich der Chefin schon am Telefon, das beim Ducato Turbo wohl bald mal wieder ein neues Getriebe fällig sei, da er sich recht schwer schalten lies (das war damals eine Ducato-Krankheit, regelmäßig alle ca. 200 Tkm brauchte die Schüssel ein neues Getriebe). Sie meinte dann nur das könne nicht sein, der hätte doch grade erst ein neues bekommen und ich würde erst die dritte Tour nach dem Getriebetausch fahren.
    Ich fuhr also die Paletten abholen und dann auf den weiteren aber schnelleren Heimweg von Ravensburg die B30 bis Ulm und dann die A8. Trotz dem neuen Getriebe wurde das schalten aber schwerer und schwerer, schließlich, kurz vor Biberach/Riß, begann dann während der Fahrt der fünfte Gang herauszurutschen. Daraufhin lies ich die Fuhre erstmal rollen und versuchte dann bei langsamerem Tempo wieder einen der höheren Gänge einzulegen. Erfolglos, sowohl der vierte als auch der fünfte Gang rutschten heraus. Noch langsamer geworden ging es mir mit dem dritten Gang genauso, erst der zweite blieb leidlich drin (solange ich den Schalthebel der Lenkradschaltung festhielt). So quälte ich mich also mit Warnblinker im zweiten Gang die Steigung von Biberach-Süd bis zum Parkplatz auf der Kuppe nach oben. Dort angekommen versuchte ich mein Glück nochmals mit dem Ergebnis das alle Gänge nun sofort beim loslassen der Kupplung wieder herausrutschten. An ein Weiterfahren war so natürlich nicht zu denken.
    Wenigstens hatte ich den damals einzigen Parkplatz mit Imbiss und Dixie-Klo auf der gesamten Strecke bis Ulm erwischt. Vom Imbiss aus konnte ich auch telefonieren und rief nochmals meine Chefin an. Natürlich in der Hoffnung das nun nach dem Leitspruch meines Chefs gehandelt wird der immer sagte: "Wenn ein Transporter mit Defekt liegenbleibt wird der Fahrer abgeholt, den brauch ich in der nächsten Nacht nämlich wieder, um das Auto kann ich mich auch einen Tag später noch kümmern."
    Tja, leider hat mein Kollege da, vielleicht wegen der drei Ravensburger-Paletten die ich an Bord hatte, total falsch reagiert. Statt das er sich einen Pkw geschnappt hätte um mich abzuholen, organisierte er einen Anhänger, schnallte diesen an seinen Ducato und kam mit diesem nach Biberach gefahren. Dies dauerte natürlich mit Anhänger im Schlepptau fast doppelt so lang wie ohne, danach war es ein halbes Drama bis wir meinen waidwunden Ducato auf dem Anhänger hatten. Irgendwelche Gurte um ihn zu befestigen waren natürlich auch Mangelware, es fanden sich grade mal zwei Stück.
    Nun kam das, was ich noch versucht hatte meinem Kollegen auszureden, aber er war eben älter und schon ewig in der Firma. Die Heimfahrt mit einem leeren Ducato der einen Tandemachsanhänger, beladen mit einem vollbeladenen Ducato zog. Während dieser Heimfahrt hab ich uns gedanklich fast minütlich in irgendeiner Leitplanke hängen sehen, den Ducato vom Anhänger auf irgendeinem unbeteiligten Pkw liegen sehen, an einem Lkw oder sonstigem Hindernis kleben sehen, und so weiter. Aus irgendeinem Grund verpasste dann mein Kollege in Ulm die Autobahneinfahrt, was ich sehr angenehm fand, konnte er doch auf der B10 nicht so schnell fahren wie auf der A8. Denn ab etwa 50 km/h begann es hinten zu schaukeln und ab 60 km/h zu schlingern. Was mich bis heute wundert ist wirklich, das wir diese etwa 200 Kilometer unfallfrei und ohne von der Polizei erwischt zu werden hinter uns gebracht haben.
    Es stellte sich dann heraus, das die Werkstatt uns zwar ein neues Getriebe eingebaut, aber kein Getriebeöl eingefüllt hatte. Mein Kollege durfte sich dann im übrigen nicht nur für die schwachsinnige Rückholaktion, sondern auch dafür einen Riesenanschiß abholen, das er es dem Chef durch nachträgliches Einfüllen von Getriebeöl extrem schwer machte nachzuweisen, das die Werkstatt das verbockt hatte.
    Wenigstens passierte das an einem Freitag, somit war vor dem Wochenende nur noch die Tour von Freitag auf Samstag zu fahren Wäre dies Anfang der Woche passiert hätte sich ja die Müdigkeit die ganze Woche mit durchgeschleppt.

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  • Heute gehts in den Geschichten aus dem Fahrerhaus mal um ein Tabuthema, das von vielen, verständlicherweise, gerne totgeschwiegen wird. Meine Behauptung hierzu stützt sich nur auf meine eigene Erfahrung und Gesprächen mit ehemaligen Kollegen und Freunden/Bekannten. Wenn man direkt fragt wird man selten die Antwort bekommen "Ja, ich war davon schon betroffen", es wird meist ein eher wackeliges "Nein, aber..." sein. Und zwar geht es um den berühmt, berüchtigten Sekundenschlaf. Meine Behauptung hierzu ist schlicht, das nahezu jeder der beruflich ein Fahrzeug bewegt, egal ob Pkw, Lkw, Bus, Straßenbahn, Lok, Flugzeug usw. schon ein oder mehrmals Sekundenschlaf hatte. Von denen die "nur" privat fahren schätze ich die Quote auf etwa 75 %.
    Ich selbst war mehrfach davon betroffen, in meiner Zeit als Lkw-Fahrer zwei Mal, allerdings hatte ich hier das Glück, das es wirklich nur Sekundenschlaf und zudem noch auf gerader Strecke war. Das waren dann auch die zwei Situationen, in denen ich mich einfach irgendwie auf den nächsten Parkplatz gedrückt habe ohne groß darauf zu achten, ob ich andere zustelle oder nicht. In beiden Fällen hat sich jedoch niemand beschwert, da ich jeweils nach etwa Zweieinhalb Stunden weiterfuhr.
    Mein erstes Erlebnis in diese Richtung war ebenfalls während meiner Zeit als Nachtexpreßfahrer. Das große Problem bei dieser Dauernachtarbeit ist nämlich schlicht die Schlaferei am Tag, die auf Dauer nie so erholsam ist wie Schlaf in der Nacht. Denn ist man auf Tour steht man vielleicht im Hochsommer auf einem Parkplatz ohne Schatten (wie z.B. bei meiner Gurkenfahrerei) mehr Verkehr ist tagsüber dann eben auch noch. Nicht viel anders ist es, wenn man zuhause ist und nicht gerade allein wohnt. Denn auch da ist es im Sommer wesentlich wärmer als Nachts, noch dazu klingelt mal das Telefon oder irgendjemand schellt an der Tür, draußen unterhalten sich Passanten usw.
    An einem besonders heißen Tag kam ich irgendwie so gut wie gar nicht zur Ruhe. Zum einen war ich spät dran, kam also von meiner Tour erst Mittags gegen 14 Uhr heim. Ausgerechnet an diesem Tag wurde im Hof der Briefumschlagfabrik nebenan mehrere Lkw beladen was sonst eigentlich sehr selten vorkam (der Versand war Jahre vorher ans andere Ende des Geländes verlegt worden, eine Rampe jedoch wurde belassen). Insgesamt schlief ich an diesem Tag vielleicht zwei Stunden. Wie es jedoch der Teufel immer so will, kamen ausgerechnet in dieser Nacht die aktuellen Buchbestellungen erst um kurz vor 1 Uhr Nachts. Wir saßen also eine gute Stunde im Depot und warteten. Bis ich in dieser Nacht auf die Autobahn kam, war es also 1.30 Uhr, bis Ulm war alles wie immer, meine Müdigkeit hielt sich auch einigermaßen in Grenzen.
    Ich fuhr wie immer an der Ausfahrt "Ulm West" von der Autobahn um dann auf der B10 durch Ulm zu fahren und am einzigen Autobahndreieck (Neu-Ulm) mit zwei Bundesstraßen (B28/B30) auf die B30 Richtung Biberach/Riß-Ravensburg abzubiegen.
    Von der Autobahnausfahrt bis zu diesem Dreieck sind es etwa 11 Kilometer mit einigen Kurven, einem Tunnel, einer recht langen Gefällstrecke, zwei Unterführungen, einigen Geschwindigkeitswechseln, ettlichen Zu- und Abfahrten und der Donaubrücke. Bei normaler Fahrweise braucht man für diese 11 Kilometer etwa 10 Minuten. Und nun kommt das schier unglaubliche. Von dieser Nacht kann ich mich noch sehr gut daran erinnern wie ich von der Autobahn fuhr, schließlich war ich nun endlich den nervigen Österreicher mit seinem Kombi los der ständig sein Tempo änderte und meist sein Gaspedal wiederfand wenn ich zum Überholen rauszog. Doch das nächste was ich von dieser Nacht wieder bewußt erinnere ist das abbiegen am Dreieck Neu-Ulm! Die 11 Kilometer/10 Minuten zwischendrin fehlen mir komplett!!!
    Das ganze ist nun 25 Jahre her und ich weiß bis heute nicht, wie ich dies Unfallfrei geschafft habe. Das einzige was ich mir vorstellen könnte ist, das die Strecke dadurch, das ich sie jede Nacht fuhr, so in mein Unterbewußtsein eingebrannt war, das mein Körper unterbewußt dafür gesorgt hat, das ich da hinkomme, wo ich hinwollte. Selbstverständlich gehörte der nächste Parkplatz mir, zunächst um mit der Taschenlampe ums Fahrzeug zu laufen um eventuelle Unfallschäden zu suchen welche nicht vorhanden waren. Direkt im Anschluß war mir die Uhrzeit (es war schon nach 3 Uhr) und sämtliche Termine (die Tour mußte normal bis 7 Uhr gefahren sein) egal und ich legte mich erstmal hin und schlief knappe 3 Stunden,
    Glücklicherweise schaffte ich es noch Kempten vor 9 Uhr komplett auszuliefern, drei der fünf Buchhandlungen lagen nämlich in der Fußgängerzone in der ab 9 Uhr schon viele Geschäfte geöffnet waren. Isny dagegen erreichte ich erst gegen 11 Uhr, wobei die Buchhändlerin dort sowieso immer sehr verständnisvoll war, schließlich wußte sie wo ich herkam, wann ich losfuhr und welche Strecke ich zurücklegte bis ich bei ihr war (350 Kilometer, 10 Abladestellen). Wenn ich so spät dran war, das ich sie schon antraf, konnte ich auch darauf gehen, das sie mir während ich auslud schonmal einen Kaffee einschenkte ;)

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  • Also ich bin einmal extrem übermüdet gefahren. Da hab ich förmlich gemerkt wie ich wegnicken wollte aber hab mich immer davon abgehalten. Natürlich auch kein Parkplatz in der Nähe.


    An der nächsten Raststätte hab ich dann nen paar Minuten Augen zu gemacht und nen. Bisschen frische Luft geschnappt dann gings wieder.


    Am Donnerstag steht für mich wieder eine 7 Stunden nacht fahrt an.

  • @Wolfgang b


    Wie war das nochmal: Ein guter LKW-Fahrer kommt mit Sekundenschlaf aus!


    Ne, aber im ernst: Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das du 10 km geschlafen hast (da könnte man auch nicht mehr von Sekundenschlaf sprechen ;) ). Du wirst irgendwann kurz weggenickt sein und die 10 min davor einfach vergessen haben, weil du da wahrscheinlich auch nicht mehr 100% bei der Sache warst und in so ner Art Döszustand unterwegs warst. Die Folge ist dann dieser kurze Blackout. Hättest du wirklich über diese Distanz geschlafen, wärest du irgendwann unsanft vom Aufprall gegen die Leitplanke geweckt worden.

  • Ja, irgendwie muss das so eine Art Halbschlaf gewesen sein, deshalb bin ich mir ja auch relativ sicher, das wahrscheinlich etwas passiert wäre, wenn ich diese Strecke nicht jede Nacht gefahren wäre. Da muß trotz dieses, ich nenns mal Dämmerzustands, irgendwas mehr oder weniger automatisch, eben vom Unterbewußtsein her, abgelaufen sein.

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  • Damit es hier nicht ganz so staubig wird... :)


    In der ersten meiner geschilderten Geschichten aus dem Fahrerhaus hatte ich ja bereits unsere Tour mit Kleintierstreu und Co. aus der Schweiz über Frankreich nach Italien und retour geschildert. Normal hatten wir diese Tour alle zwei Wochen, daher wunderte ich mich, als mein Disponent mich in einer Woche, in der die Tour eigentlich nicht dran gewesen wäre Mittwochs für eine Tour von Fulda nach Konstanz einteilte und gleich dazu sagte, das ich dann wie üblich anschließend in Basadingen laden soll, das Ziel wäre aber diesmal nicht Nizza.
    Während ich lud erfuhr ich, das es diesmal in die Gegend um Dreux, einem Ort mit etwa 30.000 Einwohnern westlich von Paris gehen sollte. Was mir sonst immer recht war, passte mir an diesem Tag nicht so ganz. Ich war relativ spät dran somit erreichte ich den Zoll zwischen Basel und dem französischen St. Louis an diesem Donnerstag erst nach 16 Uhr. 16 Uhr Basel-Grenze war insofern eine Zeitgrenze weil ich neben dem Kleintierstreu auch immer einige Paletten Naturstroh geladen hatte.
    Da nun bekanntermaßen die Schweiz kein EU-Mitgliedsstaat ist, handelte es sich um eine Einfuhr von Naturmaterialien in die EU, also musste ich bei diesen Touren an der Grenze in Basel immer Rückwärts an die Rampe, damit der französische Tierarzt einen Blick auf das Naturstroh werfen konnte. Genau dieser Grenztierarzt war allerdings nur von 8 bis 16 Uhr im Dienst. Weiterfahren durfte ich nur mit dem Stempel des Tierarztes auf dem Freigabedokument.
    Bei der Nizzatour war dies immer ganz praktisch, ich kam Mittwochs am Zoll an, hatte dann Zwangspause bis Donnerstag früh um 8 Uhr und konnte dann gemütlich nach Nizza fahren. Riesenvorteil für mich war, das ich mich noch in der Schweiz befand, daher also den Auslandspesensatz für die Schweiz eintragen konnte (waren wenn ich mich recht entsinne damals 76 Mark, für Frankreich gabs nur 61), aber gemütlich zu Fuß ins französische St. Louis rüberlaufen konnte um dort günstig zu Abend zu essen.
    Diesmal kam ich allerdings erst am Freitag morgen um 8 Uhr weiter und nach Dreux waren es immerhin auch 630 Kilometer. Also konnte ich mir bereits ausrechnen, das es mit dem Abladen und Laden einer Rückfracht wahrscheinlich Samstag wird und ich dann nochmal etwa 600 Kilometer bis nach Hause habe.
    Es kam natürlich wie vorausgesehen, ich kam erst Freitagabend um 18 Uhr beim Empfänger an, wobei ich noch das Glück hatte, das direkt nebenan ein "Routier" mit großem Parkplatz war.
    Routier heißen in Frankreich nicht nur die Fernfahrer, sondern auch Lokale, die speziell auf diese Klientel eingestellt ist. Meist verfügen diese Routiers über große Parkplätze, teilweise sogar bewacht, und ziemlich moderate Preise, Mittags gibt's meist nur Kleinigkeiten dafür Abends Buffet. Spätestens am ersten Morgen nach einem solchen Buffet lernt man dann auch, das man sich bei dem im Buffetpreis oft enthaltenen Pastis besser ein wenig zurückhält. :D Gefährlich an einem solchen Morgen ist auch Zähneputzen oder "Brandbekämpfung" mit Wasser, Pastis ist nämlich ähnlich wie Raki oder Ouzo ein Anisschnaps der mit Wasser verdünnt getrunken wird, im Gegensatz zu den klaren Südosteuropäischen Schnapsen bekommt Pastis beim verdünnen eine Kabaähnliche Farbe und schmeckt, je nach Mischungsverhältnis auch kaum nach Alkohol. Trinkt man nun am nächsten Morgen Wasser kann es durchaus vorkommen, das man den gerade einigermaßen ausgeschlafenen Rausch wieder aufwärmt. ;) Nun gut, es war trotz meines quasi nicht vorhandenen französisch ein recht unterhaltsamer Abend.
    Am Samstag Morgen konnte ich dann um kurz nach 7 Uhr abladen, die Adresse zum Laden für die Rückfracht hatte ich am Abend vorher schon bekommen und somit die Kopie eines Ortsplans mit markierter Route von irgendeinem französischen Kollegen bekommen. Somit stand ich bereits um 8 Uhr 30 beim Versender der Rückfracht zu der ich außer der Ladeadresse nur eine Ladungsnummer hatte.
    Hier in dieser recht unscheinbaren Firma erhielt ich nun die Ladung von der ich im Nachhinein sagen kann:
    Vor dieser Fuhre hatte ich den meisten Respekt!
    Es stellte sich nämlich heraus, das ich Krangegengewichte nach Ulm fahren sollte. Es handelte sich zwar "nur" um vier Stück mit einem Gesamtgewicht von 23 Tonnen, stellte aber dennoch ein recht großes Problem dar. Da ich ja normal fast nur Palettenware mit bündigem Abschluss fuhr, hatte ich nur zwei Sperrbretter und zehn Spanngurte dabei. Schon rein rechnerisch merkt man, dass das nicht passen kann. Zehn Spanngurte, jeder für zwei Tonnen, macht 20 Tonnen. Ein weiteres Problem war die Aufteilung des Gewichts.
    Ich bekam nämlich zwei Gewichte mit zwei Tonnen, eins mit vier Tonnen und eines mit 15 Tonnen!
    Rechnerisch hätte man nun sagen können, die zwei Zweitonner jeweils mit einem Gurt, den Viertonner mit zweien, bleiben immerhin noch sechs für den 15tonner. Diese Rechnung ging aber durch die Form der Gewichte nicht auf, ich brauchte auch für die zwei Tonnen Gewichte zwei Spanngurte.
    Im Endeffekt lies ich mir dann die "kleinen" Gewichte auf den Anhänger laden, die Zweitonner vorn und hinten, den Viertonner in die Mitte. Somit musste das 15 Tonnen Gewicht auf die Maschine und ich hatte nur vier Spanngurte zum sichern! Schon damals (1999) grenzwertig, heute wäre ein Versender, der einen so vom Hof lässt auch mit in der Verantwortung bei Kontrolle bzw. im Falle eines Unfalls.
    Nun ja, was will man, gerade Samstags wenn kein Disponent erreichbar ist auch machen. Lange Rede kurzer Sinn, um kurz nach 11 Uhr verließ ich das Firmengelände wieder und machte mich zunächst auf in Richtung Paris.
    Dieser Tag war wieder ein "Typischer" Fernfahrertag. Man fährt an vielen interessanten Dingen vorbei ohne sie auch nur am Horizont wahrzunehmen. An diesem Tag begann dies mit dem Schloss Versailles, das ich bis heute nur von Fotos kenne, obwohl ich in knapp 2 Kilometer Entfernung auf der Autobahn daran vorbeigefahren bin. Dann natürlich ganz Paris mit seinen Sehenswürdigkeiten. Ich fuhr zwar auf der A86 durch Paris, das einzige jedoch was ich, am Rande, zu sehen bekam war der Flughafen Paris Orly (selbst das nur durch landende Flugzeuge). Kurz nach Paris gins dann noch an Eurodisney vorbei.
    Dies war auch einer der wenigen Tage, an denen ich froh war CB-Funk an Bord zu haben. Normalerweise wollte ich von Metz über Saarbrücken und Zweibrücken nach Karlsruhe fahren, kurz hinter Metz funkte mich jedoch ein Deutscher Kollege an der scheinbar die deutsche Beschriftung meiner Brücken erspäht hatte und warnte mich das direkt nach der Grenze am Rasthof "Goldene Brem" eine große Lkw-Kontrollstation für nach Deutschland einreisende Lkw eingerichtet ist. Dank dieser Warnung blieb ich trotz der Mautgebühren lieber auf der französischen A4 Richtung Straßburg und nutzte den etwas kleineren Grenzübergang bei Iffezheim/Baden-Baden.
    Als ich an diesem Abend gegen 22 Uhr zuhause ankam, war ich richtig erleichtert, gefahren war ich den ganzen Tag, wie wenn ich eine Ladung rohe Eier geladen hätte, trotzdem war ich als ich die Ladung nochmals kontrollierte der Meinung, das sie beim Laden irgendwie anders stand...
    In der Woche danach hatte meine Frau Urlaub weshalb sie bei mir mitfuhr. Das was zwar nicht das erste Mal, trotzdem gab es eine Premiere. Normal wusste meine Frau grundsätzlich was wir gerade durch Europa fahren, im Fall dieser Krangegengewichte war dies jedoch nicht der Fall, das erzählte ich ihr erst nach dem Abladen in Ulm. ;)

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  • Hust, Hust, mannomann isses hier staubig... :D


    Wie ich ja schon erwähnt habe, war der Hauptsitz der Spedition für die ich damals fuhr in einem kleinen Kaff mit etwa 500 Einwohnern das inzwischen nach Leipzig eingemeindet wurde.

    Unser Oberboss war ziemlich geschäftstüchtig also hatte er einen Großauftrag an Land gezogen für den quasi alles was Räder hatte gebraucht wurde. Wir hatten von Post/Telekom (oder wie auch immer die damals gerade hiessen) den Auftrag in ganz Thüringen neue Telefonbücher an Postfillialen und Postagenturen zu verteilen.

    Eine Ladung nahm ich gleich selbst mit nach Leipzig, geliefert wurden die Telefonbücher von mehreren Druckereien bundesweit, eine davon in Vaihingen/Enz.

    Während der gesamten Aktion, die drei Wochen dauerte, war ich dauerhaft in Leipzig. Da wir für diese Verteilung auch Samstags fuhren musste ich also "nur" zwei Sonntage überbrücken. Am ersten dieser Sonntage fuhr ich mit dem Zug nach Leipzig rein. Das war ein ziemlicher Kulturschock, hatte ich mich doch schon an die Gaststättenpreise in der sächsichen Provinz gewöhnt, welche eindeutig noch auf Ostniveau waren (So hatte mich z.B. das Abendessen am Samstag incl. Vorspeise, Dessert und 5 Getränken weniger als 20 Mark gekostet). Im Leipziger Zentrum dagegen wurden sogar die Westpreise übertroffen (Sorry für das doofe Ost/West, ich hatte nur keine Idee das zu formulieren ohne mehrere Erläuterungssätze zu schreiben).

    Für das darauffolgende Wochenende war ein Besuch bei meiner, inzwischen verstorbenen, Tante in Berlin vorgesehen. Erstaunlicherweise durfte ich dafür dann sogar den Firmenwagen eines Disponenten der gerade in Urlaub war nutzen.

    Genau von diesem Wochenende bzw. dem Samstag möchte ich berichten. Da ja Samstag die Zeit etwas begrenzt war, die Postfillialen schlossen damals Samstags selbst in größeren Städten bereits um 13 oder 14 Uhr, wurden Samstags eher die Ortschaften entlang der A4 beliefert (Die A38 war damals noch im Bau, hier quälten wir uns noch über die B80). Ich hatte also lediglich 12 Paletten für die Post in Erfurt auf der Maschine, der Anhänger blieb, wie meist in dieser Zeit, in Leipzig stehen. Da bei diesem Auftrag keine Paletten getauscht wurden, hatte ich also bei der Rückfahrt lediglich den Hubwagen auf der Ladefläche. Damals lief auch gerade der sechsspurige Ausbau der A4 wobei meist die drei Spuren der Fahrtrichtung Ost südlich der bestehenden Bahn gebaut wurden, auf diesen wurde dann anschliessend der komplette Verkehr abgewickelt, die alte Bahn abgerissen und dann die Fahrbahnen in Westrichtung gebaut. Entlang einer langgezogenen Steigung war für den Autobahnneubau schon ein recht breiter Streifen gerodet, somit konnte man nahezu die komplette Steigung einsehen. Da die A4 trotz der Steigung nur zwei Spuren hatte, war hier natürlich Überholverbot für Lkw. Nun sah ich jedoch ziemlich weit oben in der Steigung einen scheinbar schwer beladenen Sattelzug dahinschleichen. Normal habe ich mich an solche Überholverbote immer gehalten, hier jedoch Maschine, solo, leer, ich fiel in der Steigung also grade mal auf 77 Km/h ab, konnte mir also ausrechnen, das ich innerhalb weniger Sekunden an dem Kollegen vorbei bin, und das noch bei wenig Verkehr. Also noch ein letzter Blick in die Spiegel, den Blinker gesetzt und links rüber. Das war dann der Hauptgewinn, denn kaum war ich halb auf der linken Spur bemerkte ich im rechten Spiegel ein Polizeiauto. Die hingen mir dermassen dicht am Heck das ich sie bis dahin in keinem Spiegel gesehen hatte.

    Logischerweise wurde ich am nächsten Parkplatz rausgewunken und auf links gedreht. Man gab sich also nicht damit zufrieden mir wegen des Überholens Punkte und Strafe zu verpassen, auch meine geschwindigkeitstechnisch leicht defekte (ich hatte 2 oder 3 mal etwa 94 km/h drauf) Tachoscheibe wurde begutachtet und eingezogen. Gab natürlich auch ´ne Geldstrafe. Zu guter letzt drückte mir der ältere der beiden Polizisten (der jüngere wirkte aufgrund der Engstirnigkeit seines Kollegen schon so, wie wenn es ihm peinlich wäre, traute sich aber nicht, etwas zu sagen) noch einen Mängelbericht wegen eines defekten "Stoplichts" (er meinte das Bremslicht) rein. Seine Kollegen im pfälzischen Bad Bergzabern bei denen ich mich dann meldete um mir die Beseitung des Mangels bestätigen zu lassen wunderten sich ziemlich, das man wegen einer solchen Kleinigkeit überhaupt einen Mängelbericht schreibt.

    Tja, nach Berlin kam ich dann trotzdem noch, wenn auch um einige Mark ärmer und um einige Punkte reicher. :)

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